Klassischen Sauerteig selbst ansetzen – nach der Anleitung von Lutz Geißler
Dem Sauerteig eilt ein gewisser Ruf voraus… Schwierig soll er sein, eigenwillig und manchmal sogar richtig zickig. Nie will er gelingen, immer passt ihm irgendetwas nicht. Das geht sogar so weit, dass Brotbackanfänger ihn ganz meiden und lieber der Hefe den Vorzug geben. Das muss aber nicht sein!
Wenn man einmal die Basics gelernt hat, ist es gar nicht sooo schwer, Sauerteig selbst anzusetzen. Schließlich braucht man nur 2 Zutaten: Roggenmehl und Wasser. Diese beiden werden vermischt, eine Weile stehen gelassen und dann gefüttert; d.h. man stellt einmal eine Grundmasse her und gibt dann regelmäßig Mehl und Wasser dazu, sodass sich eine starke Gärung entwickelt. Hört sich doch gar nicht so schwer an, oder?
Der Teufel steckt natürlich, wie so oft, im Detail. So gelingt Sauerteig zum Beispiel nicht, wenn die Temperatur zu kalt ist oder der Behälter durch Keime verunreinigt ist. Auch mein erster Sauerteig ist tierisch in die Hose gegangen! „Tierisch“ meine ich hier übrigens wörtlich: Mein Kater hatte den (für ihn wohl unglaublich leckeren) Sauerteig entdeckt und kurzerhand die Schnautze reingesteckt… Beim 2. Mal ist aber alles gut gegangen und seitdem habe ich immer ein paar Gläschen frischen Sauerteig im Kühlschrank stehen. Wie auch du das hinkriegst, zeige ich dir jetzt. Ich stütze mich dabei die Anleitung von Lutz Geißler, einem Brotspezialisten und Backbuchautoren. In seinem Brotbackbuch Nr. 1* beschreibt er ausführlich die Grundlagen des Brotbackens.
Also, wie gesagt brauchst du nur 2 Zutaten: Mehl und Wasser. Beim Mehl solltest du auf Roggenmehl in Bio-Qualität setzen. Für den Ansatz nimmst du am besten Vollkorn, für die spätere Fütterung Type 1.150. Beim Wasser reicht (zumindest in Deutschland) Leitungswasser vollkommen aus. Es sollte lauwarm sein, also etwa 38-40 Grad haben. Ansonsten brauchst du eine Schüssel mit Deckel*, eine digitale Küchenwaage*, einen Löffel und ein paar Gläser mit Schraubdeckel*. Wichtig: Alle Gegenstände, die mit dem Sauerteig in Berührung kommen, müssen absolut sauber sein. Sonst besteht die Gefahr, dass Keime auf den Sauerteig übertragen werden und er schlecht wird. Um das verhindern, kannst du die Gegenstände vorab mit kochend heißem Wasser überbrühen und an der Luft abtrocknen lassen. (Du solltest sie nicht mit einem Handtuch trocknen, da dadurch wieder Keime übertragen werden können.) Gut, das vorweg! Dann können wir ja beginnen:
Sauerteig selbst ansetzen - Schritt für Schritt
Zutaten
Für den Sauerteigansatz
- 150 g Bio-Roggenmehl Vollkorn
- 150 g Wasser lauwarm
Für den Sauerteig
- 50 g Bio-Roggenmehl Vollkorn (Menge pro Glas)
- 50 g Wasser lauwarm (Menge pro Glas)
Für die Fütterung des Sauerteigs
- 50 g Bio-Roggenmehl Type 1.150 (Menge pro Glas)
- 50 g Wasser lauwarm (Menge pro Glas)
Zubereitung
Erster Schritt: Sauerteigansatz herstellen
- Als allererstes muss ein Ansatz hergestellt werden. Dieser dient quasi als Grundlage für den späteren Sauerteig. Um eine Verunreinigung des Ansatzes zu vermeiden, solltest du auf jeden Fall alle Gegenstände, die mit dem Sauerteig in Berührung kommen, vorab mit kochendem Wasser überbrühen, um sie zu sterilisieren. So bist du auch der sicheren Seite. Die Herstellung des Ansatzes dauert 4 Tage und geht so:
- Tag 1: Zunächst eine Schüssel inkl. Abdeckung und einen Löffel mit kochend heißem Wasser überbrühen. Dann 50 g Roggen-Vollkornmehl (in Bio-Qualität) mit 50 g lauwarmem Wasser (etwa 40 Grad) vermischen. Die Schüssel luftdicht abdecken und 24 Stunden lang stehen lassen. (Ideal ist dabei eine Temperatur zwischen 25 und 30 Grad.)
- Tag 2: Zum Ansatz 50 g Vollkornmehl und 50 g warmes Wasser hinzugeben, verrühren und wieder für 24 Stunden abgedeckt stehen lassen.
- Tag 3: Nochmal dasselbe: Zum Ansatz 50 g Vollkornmehl und 50 g warmes Wasser hinzugeben, verrühren und für 24 Stunden abgedeckt stehen lassen. Es sind jetzt schon Blasen erkennbar und der Teig riecht säuerlich.
- Tag 4: Der Ansatz ist fertig! Da er aber noch nicht genug Triebkraft entwickelt hat, wird er weitergefüttert und zu einem waschechten Sauerteig entwickelt:
2. Schritt: Aus dem Ansatz einen Sauerteig herstellen
- Zunächst mehrere Marmeladengläser inkl. Deckel sterilisieren und an der Luft abtrocknen lassen (keine Handtücher verwenden – sie können Keime übertragen). Dann vom fertigen Ansatz jeweils 10 g abnehmen und in ein Glas füllen. Mit 50 g Vollkornmehl und 50 g lauwarmem Wasser vermischen, fest verschließen. Diesen Vorgang bei so vielen Gläsern wie gewünscht wiederholen. Die Gläser mit dem Sauerteig etwa 8-15 Stunden bei Raumtemperatur stehen lassen.
- Nach Ablauf dieser Zeit sollte der Teig stark aufgegangen und gewölbt sein. Dann ist der Sauerteig fertig! Du kannst jetzt einen Teil davon abnehmen und zu Brot verbacken. Der Rest wandert in den Kühlschrank, am besten in das oberste Fach oder die Tür, wo es nicht ganz so kalt ist. In den folgenden 1-2 Wochen kannst du so viele Brote damit backen, wie du möchtest. Lass aber mindestens 10 g Sauerteig übrig, um ihn füttern und weiterführen zu können:
3. Schritt: Den Sauerteig regelmäßig füttern
- Sauerteig zu füttern bedeutet, ihm neues Mehl und Wasser zuzuführen. Wenn man das regelmäßig (d.h. alle 1-2 Wochen) macht, kann man einen einmal angesetzten Sauerteig im Prinzip ewig weiterführen. Dabei funktioniert das Füttern genauso wie in Schritt 2 erklärt: Der Sauerteig wird aus dem Kühlschrank genommen, es werden 10 g in ein neues Glas gefüllt und mit 50 g Wasser und 50 g Mehl vermischt. Das Glas wird verschlossen und 8-15 Stunden bei Raumtemperatur stehen gelassen. Dann wandert es zurück in den Kühlschrank.
- Nach diesem Prinzip kannst du deinen Sauerteig über Monate weiterführen. Nach etwa einem halben Jahr solltest du jedoch einen neuen Ansatz herstellen.
4. Schritt: Was mache ich mit dem übrig gebliebenen Ansatz aus Schritt 1?
- Wenn du diese Anleitung genau befolgt hast, ist dir sicherlich aufgefallen, dass du ziemlich viel Sauerteigansatz aus Schritt 1 übrig hast. Es ist nötig, so eine große Menge herzustellen, damit die Kulturen sich richtig entwickeln können.
- Was machst du nun mit dem ganzen Ansatz? Wegschmeißen musst du ihn nicht: Du kannst damit zwar noch keine reinen Sauerteigbrote backen, ihn aber als Geschmacksgeber in Broten verbacken, die Sauerteig UND Hefe enthalten. Ich habe auf dem Blog ein paar solche Rezepte für dich (siehe Text unter dieser Rezeptkarte).
Noch eine Ergänzung zum 4. Schritt: Die mit Abstand häufigste Frage, die mir gestellt wird, ist: „Was mache ich mit dem übrig gebliebenen Ansatz?“ Ich habe auf dem Blog ein Rezept gepostet, das ich mir extra zum Aufbrauchen von Sauerteigansatz ausgedacht habe: Mein Sauerteigbrot für Anfänger. Ansonsten kannst du auch in diesen Rezepten Sauerteigansatz verwenden: Landbrot mit Dinkel oder Weizen, Softe Milchbrötchen, Luftiges Apfelbrot, Kürbisbrot, Einfaches Mischbrot.
Ich weiß natürlich, dass sich das ganze erstmal total komliziert anhört! Ich kann mich auch erinnern, dass es für mich anfangs schwierig war, durchzublicken. Ich habe mich deshalb bemüht, eine möglichst klare und übersichtliche Anleitung zu schreiben. Ich hoffe, es ist alles verständlich und nachvollziehbar. Wenn ihr noch Fragen habt, stellt sie gerne in einem Kommentar! Ansonsten würde ich empfehlen, es einfach mal zu probieren…
Ich habe auch noch eine Kurzübersicht für euch:
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